Kanti oder Lehre? Das was passt, waren sich die Podiumsgäste einig (von links): Ida Aurich, Nils Eichmüller, Pascal Thoma, Judith Mark, Philipp Scheuble und Felix Wetter im Gespräch mit Ivo Riedi.

Früh in die Berufswelt eintauchen und das erste eigene Geld verdienen? Oder doch lieber die Allgemeinbildung vertiefen und sich fürs Studium rüsten? Mit diesen Fragen befassen sich die Schülerinnen und Schüler der zweiten Oberstufe – und mit ihnen ihre Eltern als wichtigste «Berufsberater». Zu ihnen zählt Gemeindeschreiber Philipp Scheuble, dessen Sohn sich aktuell zwischen Kanti und Berufslehre entscheiden muss. Im Rahmen des querbeet-Forums in der Schöntalhalle in Altstätten am Donnerstagabend, 21. November 2024 betonte Scheuble, dass sein Sohn hin- und hergerissen gewesen sei. Auf eine Frage von Moderator Ivo Riedi verdeutlichte er, dass sie als Eltern ihm in dieser Findungsphase klar gemacht hätten, dass es sein eigener Entscheid sein müsse. Sie hätten ihm aber gerne alle Möglichkeiten aufgezeigt. Heute spiele es weniger eine Rolle, welchen Weg man einschlage – man habe genau die gleichen Karrierechancen: «Alles ist möglich.» Es brauche aber Geduld. Scheuble machte deshalb Mut, sich von sehr frühen Lehrstellenzusagen bei Kolleginnen und Kollegen nicht unter Druck setzen zu lassen.

Von der Kanti zur Lehre

Für eine Lehre hat sich Ida Luise Aurich entschieden: Sie wollte zuerst an die Kantonsschule, realisierte dann aber, dass die kaufmännische Lehre für sie am interessantesten ist. Trotzdem habe sie ganz bewusst noch ein Jahr an der Kanti besucht, was ihr dann den Start an der Berufsmaturitätsschule (BMS) erleichtert habe. Sie befindet sich aktuell im letzten Lehrjahr bei einer Bank und betonte am querbeet-Forum: «Man muss schon sagen, die BMS ist nicht einfach, weil man Schule, Betrieb, Hausaufgaben und überbetriebliche Kurse unter einen Hut bringen muss.» Für Nils Eichmüller stand hingegen früh fest, dass er am liebsten an der Kanti Heerbrugg die Matura machen möchte: «Heute kann ich viel von dem anwenden, was ich an der Kanti gelernt habe.» Damit sei ihm der Einstieg in die herausfordernde Rekrutenschule als Weltraumsoldat viel leichter gefallen, die er gegenwärtig absolviert, und er freue sich auf sein Studium an der ETH. Er habe aber auch bewusst in verschiedenen Lehrberufen geschnuppert.

Lehrer mit Praxiserfahrung

Lehrer Pascal Thoma von der Oberstufe Mittelrheintal in Heerbrugg kennt die Herausforderungen der Jugendlichen aus eigener Erfahrung: «Ich möchte Druck wegnehmen, denn ich mag die Konkurrenz zwischen Kanti und Lehre nicht», sagte er. Er wehre sich dagegen, dass er möglichst viele Jugendliche an die Kanti bringen müsse. Thoma hat einst selber in verschiedensten Berufen praktische Erfahrung gesammelt, denn: «Ich möchte Jugendliche aus eigener Erfahrung beraten.»

«Es gibt keine Sackgasse»

Einen guten Rat für Jugendliche und Eltern hatte Felix Wetter vom Berufs- und Weiterbildungszentrum Rorschach-Rheintal parat: «Wichtig ist, dass Jugendliche machen, was sie sich selber zutrauen.» Sein Sohn habe zum Beispiel die Kanti abgebrochen. Das sei kein Unglück, denn: «Auch ein Schreiner mit Berufsmatura kann nachher noch Jurist werden.» Die Rektorin der Kantonsschule Heerbrugg, Judith Mark, stimmte ihm zu. «Mich fasziniert am Schweizer Bildungssystem, dass es keine Sackgasse gibt.» Zwar liege das Rheintal mit etwa zehn Prozent fast am Schluss der Rangliste der Maturitätsquote. Es gehe aber nicht darum, diese Quote in die Höhe zu treiben. Sie glaube zwar, «dass ein bisschen mehr sogar drin liegen würde», weil zum Beispiel zwei Drittel der Physiker und Chemiker aus dem Ausland kämen. Aber eine Quote von über 30 Prozent wie bei den Spitzenreitern der Rangliste sei keinesfalls erstrebenswert. Jungen Menschen rät sie: «Informieren, informieren, informieren.» Pascal Thoma unterstützte sie dabei und riet: «Ausprobieren und Erfahrungen sammeln.»

SchuWi-Präsident Claude Stadler dankte Ivo Riedi als Moderator und langjähriger Inspirator des Berufsbildungsprozesses im Rheintal.

Das querbeet-Forum mit riesigem Besucherandrang fand im Anschluss an den ersten Tag des Berufs- und Ausbildungsevents Rheintal statt: Im Rahmen der BAeR-Premiere kamen einige hundert Schülerinnen und Schüler, Eltern, andere Interessierte sowie viele Vertreter von Firmen und schulischen Organisationen in die Schöntalhalle in Altstätten. An über 30 Ständen informierten sie sich über Lehrberufe aus einer Vielzahl von Branchen und weiterführende Schulangebote im Rheintal.

Lehrberufe und Ausbildungen entdecken

Der erste Berufs- und Ausbildungsevent Rheintal (BAeR) des Vereins Schuwi-Rheintal findet noch bis Freitagabend, 22. November 2024, um 17 Uhr in der Schöntalhalle in Altstätten statt. Jugendliche im Berufswahlprozess, Eltern und weitere Interessierte können Lehrberufe sowie vielfältige Ausbildungsmöglichkeiten von mehr als 40 Lehrfirmen und Bildungsinstitutionen entdecken.

www.baer-event.ch

Unterschiedlichste Berufe und schulische Angebote interaktiv erkundet: Die Oberstufenschülerinnen und -schüler wurden am Berufs- und Ausbildungsevent Rheintal (BAeR) in ihrem Berufsfindungsprozess praktisch unterstützt.
Unterschiedlichste Berufe und schulische Angebote interaktiv erkundet: Die Oberstufenschülerinnen und -schüler wurden am Berufs- und Ausbildungsevent Rheintal (BAeR) in ihrem Berufsfindungsprozess praktisch unterstützt.

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